In sämtlichen Industriezweigen herrscht enormer Kostendruck – und damit auch im Maschinenbau. Es gilt, Erzeugungskosten zu senken, Wartungskosten gering zu halten und Langlebigkeit zu gewährleisten. Deswegen haben Forderungen nach mehr Effizienz auch bei der Antriebstechnik und in der Entwicklung und Konstruktion von Getrieben zugenommen: Reibungsverluste sollen verringert und bewegte Massen reduziert werden. Die Leistungsdichte von Getrieben wird größer, die angeschlossenen Wellen und zugehörigen Bauteile kleiner und leichter: Je weniger Gewicht beim Anlaufen und Stoppen bewegt
werden muss, desto geringer sind Energiekosten und Verbrauch. Weitere Faktoren für mehr Effizienz sind eine vereinfachte Wartung und Handhabung, erhöhte Robustheit sowie eine längere Lebensdauer der Komponenten.
KRAFTSCHLÜSSIGE VERBINDUNG
Hier kommt die Schrumpfscheibe als Verbindungselement von Nabe und Welle ins Spiel.
Sie schafft eine feste Verbindung zwischen den Komponenten, erlaubt es, hohe Drehmomente zuverlässig zu übertragen, Bewegungen präzise auszuführen und da-mit die Funktionalität eines Gesamtsystems sicherzustellen. Die Schrumpfscheibe ist deswegen eine Lösung, die branchenübergreifend bei verschiedensten Anwendungen eingesetzt wird. Unter anderem werden Getriebe, Hydraulik- und Elektromotoren mit Schrumpfscheiben ausgestattet.
Schrumpfscheiben schaffen eine kraftschlüssige Verbindung zwischen Welle und Nabe: Die Oberflächen werden so fest aneinandergepresst, dass eine starke Haftreibung entsteht und die Teile nicht verrutschen können. Die kraftschlüssige Verbindung ist in der Regel spielfrei, was eine hohe Präzision bei der Kraftübertragung sicherstellt. Sie kann nicht nur hohe Kräfte aufnehmen, sondern auch schwellende und damit schwankende Belastungen, Lastspitzen und Lastwechsel zuverlässig aushalten.
EINFACHE MONTAGE UND DEMONTAGE
Weiterer Vorteil der kraftschlüssigen Verbindung: Ihre Teile sind nicht fest miteinander verbunden, indem sie etwa verschweißt werden, sondern lassen sich leicht wieder lösen. Durch die vereinfachte Montage und Demontage verringert sich der Wartungsaufwand. Zugleich erhöht dies die Lebensdauer der Welle und der Verbindung, da beim Lösen keine Bauteile beschädigt werden.
Das ist bei formschlüssigen Verbindungen, wie zum Beispiel Stecksystemen oder Passfedern, hingegen nicht der Fall: Sie er-fordern mechanische Eingriffe, die Nutzungen gehen mit einer Schwächung der Verbindung einher. Die Kraftübertragung er-folgt hier durch die Geometrie der Bauteile, etwa durch Verzahnung, Passfedern oder Bolzen. Eine formschlüssige Verbindung benötigt aufgrund des vorhandenen Spiels eine gleichmäßige Belastung. Ein weiterer Nachteil ist der geringere Effizienzgrad, was eine größere Welle und damit mehr Material erfordert.
Schrumpfscheiben erlauben dagegen den Einsatz von kleineren Wellen und kommen dadurch mit weniger Material aus. Ihre kraftschlüssige Verbindung ermöglicht zudem eine zylindrische Form der Bauteile und Wellen, was in der Herstellung weniger aufwendig ist als eine Verzahnung mit Nuten.
MECHANISCH ODER HYDRAULISCH
Bei der mechanischen Schrumpfscheibe wird die Kraft für die Verbindung von Welle und Nabe über eine Verschraubung aufgebracht, bei der hydraulischen hingegen durch Öldruck. Der zentrale Unterschied besteht in der Geschwindigkeit beim Spannen und Lösen, die bei hydraulischen Schrumpfscheiben um ein Vielfaches höher ist. Ist eine schnelle Montage oder Demontage notwendig, können mit hydraulischen Schrumpfscheiben die Stillstandszeiten reduziert und im Vergleich zu mechanischen Schrumpfscheiben bis zu 95 Prozent der Montagezeit gespart werden: Denkt man an Windkraftanlagen, kommen hier Wellen und Getriebe zum Einsatz, deren Schrumpfscheiben einen Innendurchmesser von bis zu einem Meter erfordern.
Mit mechanischem System werden für die Verspannung sehr großen Schrumpfscheiben bis zu zwei Arbeitsschichten benötigt. Ein hydraulisches System benötigt für eine Schrumpfscheibe gleicher Größe nur wenige Minuten. Dementsprechend werden mechanische Schrumpfscheiben in der Regel in Anwendungen eingesetzt, die konstant und über lange Zeiträume laufen und vielleicht zwei- oder dreimal in einer Einsatzzeit von bis zu drei Jahrzehnten verspannt und nur im Schadensfall gelöst werden. Eine hydraulische Schrumpfscheibe ist hingegen für Industrieanwendungen geeignet, wo ein Stillstand der Anlage besonders teuer ausfällt und der Ein- und Ausbau schnell erfolgen muss, wie etwa in Fertigungsstraßen, Förderanlagen oder der Papierindustrie.
GERINGER DRUCK NUR EIN VORTEIL- HYDRAULISCHER SCHRUMPFSCHEIBEN
Daneben gibt es weitere Besonderheiten von hydraulisch spann-baren Schrumpfscheiben: Die Baureihe SHS PA der TAS Schäfer GmbH lässt sich zum Beispiel mit einem geringeren Druck von 200 bar öffnen und schließen. Bei anderen sind 300 bis 400 bar, manchmal sogar mehrere Tausend bar notwendig. Die Schrumpfscheiben sind kompakt und bestehen aus einfachen Teilen, ihr Aufbau ist gut zu verstehen. Betreiber können Wartungen und Reparaturarbeiten daher selbst durchführen. Das Bajonettsystem erlaubt eine schnelle Ver- und Entriegelung ohne zusätzliches Werkzeug. Zudem lässt sich der Innenring auf verschiedene Größen anpassen. Die Robustheit in Verbindung mit Verschleißfestigkeit und zuverlässiger Leistung verringert das Risiko von Ausfällen, die Beschädigung anderer Komponenten und damit Stillstandszeiten.
Funktionsweisen und Bauformen von Schrumpfscheiben haben sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert. Doch die Entwicklung geht in Richtung kleinerer, leichterer und leistungsfähigerer Schrumpfscheiben, die einfacher zu handhaben und schneller zu spannen und zu lösen sind. TAS Schäfer hat sich zum Ziel gesetzt, eine kostengünstigere hydraulische Schrumpfscheibe als Ersatz für mechanische Schrumpfscheiben zu entwickeln.
BEREIT FÜR HOHE LASTEN
Es gibt zwei Bauformen für Schrumpfscheiben: zweiteilig und dreiteilig. Bei ersterer werden zwei Teile mit Kegel aufeinander geschoben und durch das Aufschieben entsteht der Druck für die Verbindung. Beim dreiteiligen System werden zwei Kegel gegen-einander angeordnet, mit einem inneren Konusring und zwei Außenringen, die aufeinander zu bewegt werden.
TROCKEN UND FETTFREI
Mechanische und hydraulische Schrumpfscheiben können mit beiden Ansätzen gebaut werden: Bei letzteren werden die kraft-übertragenden Reibflächen vom hydraulischen System getrennt und damit eine Öl-Belastung dieser Flächen verhindert. Das ist wichtig, da Öl die Haftreibung reduzieren würde: Dies würde sich negativ auf die Stabilität und Leistungsfähigkeit der Welle-Nabe-Verbindung auswirken.
Im Gegensatz dazu besteht mit dem Ölpressverband eine Verbindungsart, bei der Öl in die Verbindungsstelle eingepresst wird. Der damit fallende Reibwert auf den sich berührenden Flächen bedeutet aber einen Nachteil bei der Kraftübertragung. Verbindungen von Schrumpfscheiben sind dagegen immer trocken und fettfrei; damit geht ein höherer Reibwert und damit eine größere Lastübertragung bei gleichem Druck einher.
ZUKUNFT DER SCHRUMPFSCHEIBE
In Bezug auf die Bauart von Schrumpfscheiben sind keine großen Neuerungen zu erwarten. Durch genauere Berechnungen können allerdings die Geometrien noch weiter optimiert und die Materialausnutzung erhöht werden. Einen großen Sprung nach vorn könnten zukünftig reibwerterhöhende Beschichtungen zwischen Welle und Nabe bringen. Damit würde eine geringere Dimensionierung der Schrumpfscheibe möglich. Es gibt bereits Systeme, welche den Reibwert verdoppeln können; allerdings bauen sie sich ab, wenn das System häufig geöffnet und geschlossen werden muss.
Es kann resümiert werden: Hydraulische Schrumpfscheiben stellen eine zukunftsweisende Lösung für die Verbindung von Welle und Nabe in Getrieben dar. Ihre Fähigkeit, hohe Drehmomente präzise und verlustfrei zu übertragen, macht sie zu einem unverzichtbaren Element in der modernen Antriebstechnik. Durch ihre kompakte Bauweise, einfache Handhabung und schnelle (De-)Montage bieten sie nicht nur Effizienzvorteile, sondern senken auch die Wartungs- und Lebenszykluskosten.
Die Weiterentwicklung dieser Technik zielt darauf ab, Schrumpfscheiben noch leichter, robuster und kostengünstiger zu machen, während gleichzeitig innovative Beschichtungen den Reibwert erhöhen könnten. Damit könnten auch kleinere, ressourcenschonendere Systeme realisiert werden. Besonders in Anwendungen, bei denen Ausfallzeiten teuer sind, wie etwa in Windkraftanlagen oder industriellen Fertigungsstraßen, setzen hydraulische Schrumpfscheiben Maßstäbe in puncto Leistung, Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit.
Dieser Artikel ist erschienen auf antriebstechnik.de 01/2025